Development Finance Forum 2022

Beim Klimaschutz hat sich mittlerweile ein starkes Bewusstsein für den Ernst der Lage herausgebildet, hier geht es jetzt um die Umsetzung. Die Paris Übereinkunft und die weitere Fortschreibung ihrer Beschlüsse in den folgenden COPs schaffen den Rahmen für die bevorstehende Transformation. Um das verabredete 1,5-Grad-Ziel nicht zu verfehlen, muss bis zur Mitte des Jahrhunderts „Net-Zero“ erreicht sein, das heißt, es dürfen unter dem Strich keine schädlichen Treibhausgase mehr ausgestoßen werden.

Dafür braucht es einerseits eine Dekarbonisierung der Weltwirtschaft und andererseits mehr Natur und Naturschutzgebiete, damit Senken wie Wälder, Moore und Meere möglichst viel CO2 auf natürliche Weise speichern können. Nach Angaben des Weltklimarats IPCC und des Weltbiodiversitätsrats IPBES absorbieren solche Senken heute etwa die Hälfte des menschengemachten CO2 und bilden damit einen wichtigen Puffer gegen den Klimawandel. Bleibt das jetzige Ausmaß an Naturzerstörung allerdings erhalten, schwächt das ein entscheidendes Element im Kampf gegen eine höhere Erdtemperatur.

Umso wichtiger wäre es, mehr in sogenannte „nature based solutions“ zu investieren, also Natur zu erhalten oder alternativ - auch wenn es von der CO2-Bilanz etwas ungünstiger ist - Gebiete zu renaturieren. Umgekehrt wirkt sich der Klimawandel negativ auf den Artenreichtum aus. Er gehört nach Angaben von IPBES zu den drei wichtigsten Ursachen des derzeitigen Schwundes, nach veränderter Landnutzung und der Ausbeutung von Arten.

Dass hier Wechselwirkungen bestehen, ist unbestritten, trotzdem werden beide Themen in der Praxis noch weitgehend getrennt behandelt. Auch erfährt der Klimawandel weit größere Aufmerksamkeit als der Verlust an Biodiversität, obwohl beide Krisen enorme Gefahren für das Überleben der Menschheit mit sich bringen.

Der Biodiversitätsschutz hinkt dem Klimaschutz hinterher. Weder gibt es ein ähnlich ausgeprägtes Bewusstsein für die Gefahren, die damit zusammenhängen, noch sind Schutzmaßnahmen in der Breite der Wirtschaft fest verankert. Auch ist bisher unklar, wie der Verlust bzw. der Erhalt von Biodiversität gemessen werden sollen. Und schließlich fehlt der politische Rahmen für die kommenden Jahre.

Die 20 Aichi-Ziele aus dem Jahr 2020 sind ausgelaufen und brauchen eine Nachfolgeregelung. Sie wurden in Gänze verfehlt. Nach Angaben von IPBES zeigten nur sechs der Ziele teilweise Fortschritte, darunter das Ausweisen von Naturschutzgebieten. Mittlerweile stehen knapp 17 % an Land und knapp 8 % der Meere unter Schutz. Allerdings wurde das Ziel auch nur numerisch erreicht, weil ein guter Teil dieser Gebiete als „Paper Parks“ gilt, die ihrer eigentlichen Aufgabe, Natur zu schützen, nur unzureichend nachkommen. Insgesamt und global betrachtet, wurden die Ziele verfehlt. Entsprechend düster sieht die Bilanz aus.

Mehr als 50 % aller natürlichen Ökosysteme sind bereits zerstört. Jedes Jahr verschwinden etwa 10 Mio. Hektar Wald; das entspricht mehr als der Fläche Portugals. Auch sind 50 % der Korallenriffe bereits verloren, unter anderem durch Umweltverschmutzung und Erwärmung der Meere. Zudem sind die Meere bis an die Grenze der Nachhaltigkeit überfischt. Nach Angaben von IPBES ist eine von acht Arten vom Aussterben bedroht.

Wenn es etwa an sauberem Wasser mangelt, Bestäuber aussterben oder Böden degradieren, dann hat das ernste Konsequenzen für das Überleben der Menschheit. Auch die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsprodukts hängt nach Angaben des Weltwirtschaftsforums in starkem Maße von den Leistungen der Natur ab. Aus all diesen Gründen ist eine Trendumkehr beim Verlust an Biodiversität unverzichtbar. Und weil sich Klima- und Biodiversitätsschutz gegenseitig verstärken, kann ein gemeinsamer Blick darauf, können Schnittstellen in der Praxis unschätzbare Vorteile für die beiden großen Herausforderungen unserer Zeit bringen.

Die Transformation, die in Bezug auf Klima- und Biodiversitätsschutz vor uns liegt, braucht erhebliche zusätzliche Mittel. Im Übereinkommen von Paris haben sich die Mitgliedstaaten in Artikel 2.1c das Ziel gesetzt, sämtliche Finanzströme klimagerecht umzugestalten. Dieses Ziel wird durch verpflichtende Regulierungen der EU, der Zentralbanken und der Finanzaufsicht sowie durch freiwillige Aktivitäten des Finanzsektors adressiert. Darunter fallen Themen wie die ESG-Berichterstattung, die EU Taxonomie, Transparenzpflichten, die Arbeit der „Task Force on Climate-Related Financial Disclosures“ (TCFD) und der „Partnership for Carbon Accounting Financials" (PCAF) sowie Selbstverpflichtungen zur Netto-Klimaneutralität von Finanzportfolien, etwa der „Glasgow Financial Alliance for Net Zero“ (GFANZ).

Die Prozesse erfordern einen hohen Reformwillen, eine große Umsetzungsstärke der Finanzakteure und damit auch Zeit, die wir nur noch sehr begrenzt haben. Die KfW Bankengruppe hat sich im Jahr 2018 auf den Weg begeben, ihr Fördergeschäft entsprechend auszurichten und hat seitdem umfangreiche interne Verbesserungen von Datenerfassung, Steuerungsansätzen und Offenlegungen erreicht. Sie hat das verbunden mit dem klaren Ziel, ihre Arbeit mit den Zielen des Übereinkommens von Paris kompatibel zu machen.

Damit will die KfW den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel flächendeckend in ihr Fördergeschäft einbauen (Mainstreaming), so dass Klimarisiken und Klimanutzen zukünftig bei jeder Förderaktivität berücksichtigt werden.

Für Förderung, Schutz und Erhalt von Biodiversität stehen solche Prozesse noch aus. Sie sind aber notwendig, nicht nur bei der KfW, sondern auch bei allen anderen Finanzakteuren. Diese Erkenntnis beginnt sich durchzusetzen und wurde auch beim Development Finance Forum als Notwendigkeit und als Ziel bekräftigt. Es ist davon auszugehen, dass der Finanzsektor hier von den Erfahrungen aus dem Klimabereich lernen kann. Im Rahmen der „Taskforce for Nature-related Financial Disclosures“ (TNFD) und einer zukünftigen EU-Taxonomie für Biodiversität sind mit dem Klima vergleichbare Ansätze in Arbeit. Aber beim Mainstreaming von Biodiversität im Finanzsektor ist noch ein weiter Weg zu beschreiten, bis es ein kollektives Ziel gibt, das vergleichbar wäre mit den allgemein anerkannten Zielen im Klimabereich, bis Managementscheidungen entsprechend ausgerichtet sind und es dafür auch praktikable Ansätze gibt. Genau darin besteht jedoch die Aufgabe, darüber waren sich die Teilnehmenden beim Forum einig.