Meldung vom 01.03.2022 / KfW Entwicklungsbank
Perspektive Europa: Wende zum Westen in Moldau
Jahrzehnte lang stand Moldau unter dem Einfluss Russlands. Mit Unterstützung der KfW sucht der kleine Staat ökonomisch und politisch den Anschluss an die Europäische Union.
Am südöstlichen Rand Europas gelegen, macht Moldau seit mehr als zehn Jahren einen gravierenden Wandel durch. Das Land zwischen Rumänien und der Ukraine war Teilrepublik der Sowjetunion bis zu deren Zerfall und orientierte sich in den ersten Jahren seiner Unabhängigkeit an Russland. Nicht zuletzt die Aufnahme Rumäniens in die Europäische Union im Jahre 2007 beförderte eine prowestliche Stimmung in Moldau, ist es doch mit Rumänien über Geschichte, Kultur, Sprache und Wirtschaft eng verbunden.
2014 schlossen EU und Moldau eine Assoziierungsvereinbarung, zwei Jahre später folgte das Freihandelsabkommen DCFTA. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) richtete das Modell „Transformationspartnerschaften“ ein. Sieben Staaten in der Nachbarschaft der EU werden im Rahmen dieses Modells von der Bundesregierung und der KfW unterstützt. Moldau, das mit seinen 3,3 Mio. Einwohnern etwa so groß wie Berlin ist, zählt im Kreise von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Kosovo, Serbien und Ukraine zu den kleineren Partnern.
Der moldauische Finanzminister Dumitru Budianschi hebt die „sehr positiven Auswirkungen“ des Freihandelsabkommens DCFTA für die moldauische Wirtschaft hervor: Die Exporte in die EU sind in den sechs Jahren vor dem Corona-Ausbruch um 61 % gestiegen, das Handelsbilanz-Defizit mit der EU hat sich stark verringert, fast 70 % der Direktinvestitionen im Land kommen aus Ländern der Europäischen Union.
Deutschland spielt in diesem Prozess eine besondere Rolle. Nach Rumänien ist es mittlerweile der wichtigste Handelspartner Moldaus unter den EU-Mitgliedsstaaten. Seit der Unabhängigkeit der Republik Moldau 1991 hat Deutschland 150 Mio. EUR in die technische und finanzielle Zusammenarbeit mit Moldau investiert.
Doch das Land, in der Nähe des Schwarzen Meeres gelegen, aber ohne Zugang dazu, ist nicht nur klein, es ist auch sehr arm. Gut ein Drittel der Beschäftigten arbeitet in der Landwirtschaft. Eine Million Menschen hat ihre Heimat für Jobs im Ausland verlassen. Ihre Überweisungen machen 15 % des Bruttosozialprodukts aus.
Die Lebensqualität im Land zu verbessern ist nach den Worten von Sergiu Gutu, Leiter des KfW-Büros in der Hauptstadt Chisinau, das Hauptziel der Strategie „Moldova 2030“. Armut zu beseitigen sei aber nicht nur eine Frage des Geldes, sagt Gutu, sondern bedeute auch „gleichen und uneingeschränkten Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen“. Das Projekt „Soziale Infrastruktur und Energieeffizienz“, im Auftrag des BMZ von der KfW mit 12 Mio. EUR ausgestattet, hat die Infrastruktur für 400.000 Menschen auf so unterschiedlichen Gebieten wie Kinderbetreuung, Energieversorgung oder Straßenbau verbessert. Das Projekt lief so erfolgreich, dass ab 2022 zusätzlich 8 Mio. EUR von der KfW für weitere Kommunen zur Verfügung gestellt werden.
„Zu unseren dringendsten Aufgaben gehört es, Arbeitsplätze schaffen“, sagt Nicolae Dandis, Bürgermeister von Cahul im Südosten des Landes, nahe der Grenze zu Rumänien. Nur so seien Abwanderungsprozesse zu stoppen. In der Stadt mit ihren 40.000 Einwohnern hat, wie Dandis berichtet, bisher die Verbesserung des Straßennetzes und der Müllentsorgung, aber auch die Förderung von IT-Startups im Vordergrund der Hilfen von EU und KfW gestanden. Im laufenden Jahr soll es vor allem mit dem Ausbau der Kanalisation und der Abwasserreinigung vorangehen, eine Aufgabe, die die KfW im Auftrag des BMZ mit 23,5 Mio. EUR mitfinanziert.
Rund 1000 Projekte umfasst das von der EU finanzierte Programm EU4MOLDOVA. Die Bandbreite ist enorm. Corona-Pandemie bekämpfen, Digitalisierung vorantreiben, Gleichberechtigung fördern, Zivilgesellschaft stärken sind nur einige der Themen. Allein 30 Mio. EUR aus EU4MOLDOVA sind nach Cahul geflossen. Die Stadt, die kaum zehn Prozent der Einwohner der Hauptstadt Chisinau hat, konnte auch deshalb so viele Vorhaben an Land ziehen, weil „die Motivation der Bürgerinnen und Bürger hoch ist und das Rathaus transparent arbeitet“ (Dandis). Die lokale Verwaltung von Cahul ist 2020 als die transparenteste des Landes ausgezeichnet worden.
Nach wie vor ist Bestechung eine Plage in Moldau. Das Land liegt auf dem jüngsten Korruptionsindex von Transparency International nur auf Rang 115 in der Welt und schneidet schlechter ab als die anderen Transformationspartner des BMZ mit Ausnahme der Ukraine. Auch auf die „hohe Korruption“ und die „schwerwiegenden Probleme im Justizsystem“ führt Finanzmister Budianschi zurück, dass die jährliche Wachstumsrate von kaum 3 % nicht dem Potenzial des Landes entspreche. Das allerdings lässt sich kaum von heute auf morgen ändern. Damit die Reformbemühungen Akzeptanz finden und ihren Nutzen entfalten können, braucht es einen Lernprozess in der Gesellschaft. Nicht zuletzt die Freiheit der Medien und die Fähigkeit, Manipulation und Fake News vorzubeugen, spielen dabei eine Rolle. Dass Europa auch in dieser Hinsicht die Hoffnungen beflügelt, zeigt sich für Minister Budianschi am sprunghaft gestiegenen Reiseverkehr mit Moldau seit der Einführung der Visumsfreiheit und den immer zahlreicheren jungen Menschen, die in der EU studieren. Mit ihnen werden auch neue Ideen und Visionen für eine bessere Zukunft Einzug halten.
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