Meldung vom 30.01.2025 / KfW Entwicklungsbank

Engagement der KfW während des Bürgerkriegs in Syrien

KfW unterstützte über UN-Organisationen, NROs und einen Treuhandfond

Kinder beim Berufstraining.
Ein Berufsbildungsvorhaben von UNDP in Homs

Am 8. Dezember verbreitete sich die Nachricht über die sozialen Netzwerke in der arabischen Welt im Nu: Präsident Baschar al-Assad hatte das Land verlassen. Hauptakteur bei seinem Sturz war eine Rebellenallianz unter Führung der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS). Wie geht es weiter? Die neuen De-facto-Herrscher haben eine neue Verfassung und freie Wahlen innerhalb von vier Jahren angekündigt und HTS-Führer Ahmed al-Scharaa verspricht, die Rechte der religiösen und ethnischen Minderheiten sowie der Frauen zu respektieren.

Die deutsche EZ war auch während des fast 14 Jahre andauernden Krieges aktiv und kann über bestehende Kanäle einen friedlichen Übergang unterstützen. Aber zunächst ein Blick zurück:

Im Frühjahr 2011 bildete sich im Gefolge der Revolutionen in Tunesien und Ägypten auch in Syrien eine friedliche Protestbewegung. Als Reaktion darauf wählte Assad die Gewalt: Der Bürgerkrieg forderte mehr als eine halbe Million Tote, trieb 6 Millionen Menschen ins Exil und machte weitere 7 Millionen zu Binnengeflüchtete - bei einer Bevölkerung von 23 Millionen.

Bis 2011 war das Engagement der KfW in Syrien vor allem auf die Unterstützung von Infrastrukturprojekten – vor allem in der Wasserver- und Abwasserentsorgung - und den Finanzsektor ausgerichtet. Mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs änderte sich die Situation dramatisch, viele der zuvor geplanten oder laufenden Projekte wurden eingestellt. Das KfW-Büro in Damaskus wurde geschlossen und die Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung beendet. Aber auch in den folgenden 14 Jahren hat die KfW auf unterschiedliche Weise Menschen und örtliche Strukturen unterstützt: Im Auftrag des Auswärtigen Amtes (AA), der Vereinigten Arabischen Emirate und den USA hat die KfW einen Treuhandfonds eingerichtet: den Syria Recovery Trust Fund (SRTF), dem sich weitere neun Geber anschlossen. Ziel: die Versorgung der Menschen in von der moderaten syrischen Opposition (Nationale Syrische Koalition) verwalteten Gebieten – im Nordosten und Nordwesten des Landes. Landesweit kooperiert die KfW mit UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen. Und, last but not least: in Syrien, Jordanien, Irak, Libanon und der Türkei finanziert die KfW aus Mitteln der Bundesregierung Programme, von denen sowohl die Geflüchteten als auch die aufnehmenden Gemeinden profitieren. So wurden insbesondere aus der BMZ Beschäftigungsoffensive Nahost über die KfW 2024 gut 140 Mio. Euro zugesagt, um die Aufnahmeländer in der Region bei der Bewältigung des Flüchtlingsaufkommens zu unterstützen."

Seit Beginn des Bürgerkriegs wurden insgesamt rund 683 Mio. Euro über die KfW für Vorhaben in Syrien zugesagt, aus Mitteln des BMZ, des AA und weiterer Geber.

Kooperation mit NROs und UN-Organisationen

Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) werden staatsfern Vorhaben mit UNICEF, UNDP und UN-Habitat sowie der Aga Khan Foundation umgesetzt - ein Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen und der sozialen Kohäsion.

Das Engagement von UNICEF gilt Kindern und Jugendlichen. Sie litten und leiden besonders unter dem Krieg – ihre Resilienz wurde und wird durch verbesserte Schulinfrastruktur, psychosoziale Betreuung und Bildungsangebote für Heranwachsende gestärkt. Hinzu kommen WASH-Programme, die die Trinkwasser- und Abwasserinfrastruktur verbessern. Das verheerende Erdbeben vom 6. Februar 2023 hat die Situation weiter verschärft, mehr als 8,8 Millionen Menschen, darunter 3,7 Millionen Kinder, waren betroffen.

UN-Habitat unterstützt Kommunen bei der Rehabilitierung von öffentlicher Infrastruktur. In Planungsworkshops mit den lokalen Gemeinden, Binnenflüchtlingen und Vertretern der Verwaltungen werden gemeinsam Prioritäten gesetzt und die Umsetzung der Maßnahmen angestoßen. An diesen Workshops nehmen Vertreter unterschiedlicher Altersgruppen teil, Männer und Frauen, Geflüchtete und Einheimische. Zusätzlich zu den Zerstörungen durch Kriegshandlungen kommen die Folgen des Erdbebens im Februar 2023 mit weitreichenden Zerstörungen vor allem in Nordsyrien (besonders Aleppo und Idlib).

Für UNDP war Beschäftigungsförderung das zentrale Anliegen – und wird es auch in den nächsten Monaten sein. Auch für Rückkehrer aus den Nachbarländern sind Jobs eine wichtige Vorbedingung für eine Entscheidung. In den vergangenen Jahren wurden vor allem durch Cash-for-Work-Maßnahmen kurzfristige Jobs geschaffen – durch kleinere Rehabilitierungsarbeiten an sozialer Infrastruktur (Schulen, Krankenhäuser) sowie die Installation von Solarpanels auf diesen oder auch die Beseitigung von Trümmern und Abfallentsorgung. Daneben wurden Trainings, Beratung und Jobvermittlung organisiert, außerdem Zuschüsse zu Produktionsmitteln, Maschinen oder für Start-ups.

Mann repariert Schuhe.
Förderung für einen Schuster in Latakia – durch UNDP

In ländlichen Regionen unterstützt die Aga Khan Foundation (AKF) Kleinbäuerinnen und Kleinbauern: Sie werden an Genossenschafts- und Gemeinschaftsmodellen beteiligt, strategische Wertschöpfungsketten für Ackerbau und Viehzucht sollen etabliert werden. Ein wichtiger Baustein zur Stabilisierung in einer Situation geprägt von Ernährungsunsicherheit und Verschlechterung der Ernährungsvielfalt im Land.

Aktuell wird ein „Syrien-Fenster“ im Rahmen der B4P-Fazilität für friedensfördernden Aufbau (Building for Peace) geöffnet, die bislang im Irak und in Jemen tätig ist. Träger ist der Norwegian Refugee Council (NRC), der Zuschüsse an lokale NRO weiterleitet, basierend auf lokalen Bedarfsanalysen, für partizipativ identifizierte Einzelprojekte, die sich aus Infrastruktur- und Dienstleistungsmaßnahmen sowie friedensfördernden Aktivitäten zusammensetzen. So wird im religiös heterogenen Syrien nicht nur ein Beitrag zum Wiederaufbau geleistet, sondern es werden auf regionaler Ebene Friedenspotenziale gestärkt. Ein besonderes Augenmerk gilt bei B4P den Bedürfnissen von Mädchen und Frauen.

Gründung bereits 2013 – der Syria Recovery Trust Fund

Zu Beginn der Syrienkrise 2012 haben das Auswärtige Amt (AA) für Deutschland gemeinsam mit den Vereinten Arabischen Emiraten (VAE) und den USA die KfW mit der Entwicklung und Strukturierung des Syria Recovery Trust Fund (SRTF) beauftragt. Die KfW hat seitdem die Rolle des Treuhänders für das finanzielle Management der Beiträge der Geberstaaten übernommen. Kommunen in von der gemäßigten Opposition kontrollierten Gebieten sowie lokale und internationale NROs, die in diesen Gebieten arbeiten, unterbreiteten der Management Unit des Fonds Projektvorschläge zur Finanzierung prioritärer Maßnahmen. Auf diese Weise werden gleichzeitig lokale Strukturen gestärkt und sichergestellt, dass sich die Aktivitäten des Fonds mit dem tatsächlichen Bedarf vor Ort decken.

Durch wiederholte Einzahlungen der meisten Geber als Zeichen anhaltender Unterstützung der syrischen Bevölkerung beläuft sich das Gesamtvolumen des Fonds mittlerweile auf knapp 373,9 Mio. Euro. Im Dezember 2024 zahlte Deutschland 10 Mio. Euro ein, die Niederlande 2 Mio. Euro.

Bisher hat der Fonds 14 Millionen Menschen mit Basisversorgung, Einkommensmöglichkeiten und Ernährungssicherheit erreicht und überzeugt durch effektive Umsetzungen, niedrige Overhead-Kosten und hohe Flexibilität in der Reaktion auf politische Veränderungen.

Zwei erfolgreiche SRTF-Vorhaben

Ende 2024 wurde ein Landwirtschaftsprojekt erfolgreich abgeschlossen, das Viehzüchter in 42 Kooperativen im Gouvernement Ar-Raqqa unterstützte. Durch die Modernisierung von Landwirtschafts- und Viehzuchtzentren, Bereitstellung von zwei mobilen Tierkliniken sowie die Weiterbildung von tierärztlichem Personal und Technikern konnte die Produktivität erheblich gesteigert werden. Mehr als 100.000 Tiere sind geimpft worden und gesund, wodurch die Einkommen der Landwirte gestiegen sind. 3 897 Viehzüchter - darunter 818 Frauen - profitierten während der Projektlaufzeit direkt.

Zwei Männer halten einen Kuh fest
Impfung von Rindern im Gouvernement Ar-Raqqa

Im November 2024 wurde im Gouvernement Deir-ez-Zor im Osten Syriens ein Gesundheitsprogramm abgeschlossen. Zwei Gesundheitszentren und eine mobile Klinik wurden mit Medikamenten, medizinischem Verbrauchsmaterial und medizinischer Ausrüstung unterstützt. Dadurch konnten grundlegende Gesundheitsleistungen für Kinder, Angebote im Bereich Familienplanung sowie Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle übertragbarer Krankheiten bereitgestellt werden. Auch die psychologische und zahnärztliche Versorgung wurde verbessert. Darüber hinaus wurden Laborausrüstung, Medikamente und Krankenwagen angeschafft. Mit einem Budget von rund 1,8 Mio. Euro kam diese Maßnahme während ihrer 12-monatigen Laufzeit 158.933 Patienten zugute.

Kind wird in Krankenstation von medizinischem Personal behandet.
Gesundheitsleistungen auch für Kinder im Gouvernement Deir-ez-Zor