Meldung vom 12.04.2016 / KfW Entwicklungsbank

Kann das Internet Entwicklung beschleunigen?

Deepak Mishra, Co-Direktor des Weltentwicklungsberichts 2016, sprach in der KfW Frankfurt über die Folgen der Digitalisierung

Deepak Mishra steht vor einem Podium bei der KfW Entwicklungsbank.
Deepak Mishra sieht in der Digitalisierung einen Weg, Entwicklung zu beschleunigen.

Wie verändern Mobilfunk, Internet und die IT insgesamt die Bedingungen für Entwicklung? "Digital Dividends" – unter diesem Titel analysiert die Weltbank in ihrem neuesten Weltentwicklungsbericht (World Development Report) die Auswirkungen der rasanten Verbreitung von digitalen Technologien auf globaler Ebene. Wie sind die Effekte auf Wachstum und Beschäftigung? Haben sich die Lebensbedingungen der Menschen in Entwicklungsländern dadurch verbessert? Gibt es weltweit mehr Transparenz, politische Teilhabe und demokratische Regierungsführung?

Deepak Mishra, Co-Direktor des Weltentwicklungsberichts, zog bei dessen Vorstellung in der KfW Anfang April eine gemischte Bilanz. Die digitalen Technologien haben sich rasant auf der ganzen Welt verbreitet – die erhofften positiven Entwicklungswirkungen haben sich jedoch nur teilweise eingestellt. Beschleunigtes Wachstum, mehr Beschäftigung und bessere öffentliche Dienstleistungen sind nicht automatisch Folge von Digitalisierung. Bestehende Ungleichheiten hinsichtlich Einkommen, Bildung und politischer Teilhabe haben sich mitunter nicht verringert, sondern noch verstärkt. Unternehmen sind stärker vernetzt als je zuvor, das Produktivitätswachstum hat sich jedoch verlangsamt. Auch die Beschäftigungseffekte sind unausgeglichen: Sowohl hochspezialisierte Experten als auch geringqualifizierte Arbeitskräfte sind stärker gefragt, doch die Qualifikationsstufen dazwischen werden weniger nachgefragt. Beim Thema der Guten Regierungsführung zeigt sich ebenso ein uneinheitliches Bild: Das Internet fördert zwar die globale Meinungsfreiheit, die Anzahl fairer und freier Wahlen ging jedoch zurück.

Die Digitalisierung birgt viel Potenzial. Aber aus den Technologien auch alle Vorteile zu ziehen, erweist sich als schwieriger als zunächst gedacht. "Das Internet ist keine Abkürzung, um Entwicklungsziele zu erreichen, doch es kann beschleunigend wirken", sagte Deepak Mishra. Damit alle Menschen weltweit von digitalen Technologien profitieren können, muss zunächst die bestehende digitale Kluft geschlossen werden: Noch immer besitzen 60 % der Weltbevölkerung keinen Zugang zum Internet. Dies zu ändern wird jedoch nicht reichen. Vielmehr bedarf es auch der Schaffung "analoger Rahmenbedingungen", also einer besseren Bildung, um die digitalen Möglichkeiten sinnvoll nutzen zu können

Durch das Ko-Referat von Thorsten Scherf, der sich als IKT-Experte der KfW Entwicklungsbank kritisch mit dem Bericht auseinandersetzte, ergab sich eine Diskussion über fachliche und instrumentelle Fragen, mit denen sowohl die Weltbank als auch die KfW bei der Umsetzung konfrontiert sind: Welche Herausforderungen stellt die Förderung hochdynamischer digitaler Technologien an das Förderinstrumentarium und wie ist damit umzugehen? Wie kann die Finanzielle Zusammenarbeit am besten dazu beitragen, die digitale Kluft zu verringern und geeignete‚ analoge Rahmenbedingungen‘ zu schaffen? Und wie lässt sich die Förderung von Informationstechnologie, die häufig zunächst privilegierten Bevölkerungsgruppen nutzt, mit dem Ziel vereinbaren, Armut und Ungleichheit in der Welt zu verringern?