Meldung vom 23.05.2016 / KfW Entwicklungsbank

Der Schatz im Eis

Die KfW fördert die internationale Datenbank für Pflanzensamen auf Spitzbergen

In der Kälte Spitzbergens lagert ein Schatz, der eines Tages zum Überleben der Menschheit beitragen könnte. 600 Kilometer nördlich des norwegischen Festlands wird in einem Hochsicherheitsbunker Saatgut aufbewahrt, um die Vielfalt der Kulturpflanzen sicher zu stellen. Denn nicht nur immer mehr Wildpflanzen sterben aus, sondern auch Kultur- und Nutzpflanzen. Am Internationalen Tag der Artenvielfalt, dem 22. Mai, erinnert die UN an die Bedrohung der Tier- und Pflanzenwelt.

Die weltweit größte Sammlung an Kulturpflanzensaatgut befindet sich hinter Stahltüren in einem unterirdischen Gewölbe in 120 Meter Tiefe. 2008 wurde der Tresor in Svalbard auf Spitzbergen eröffnet. Die Insel im Nordatlantik weist ideale Bedingungen auf, um Samen bei minus 18 Grad zu lagern. Selbst wenn das Kühlsystem ausfällt, würde der Permafrostboden die Samen weiter kühlen. Die Region wird weder von Erdbeben, Vulkanausbrüchen noch Überschwemmungen heimgesucht. Kriegerische Auseinandersetzungen auf der entlegenen Insel sind ebenso unwahrscheinlich – die Samen lagern dort also sicher.

Für den Erhalt der Saatgutbank steuert die KfW im Auftrag der Bundesregierung 25 Mio. EUR zum Kapital des Globalen Treuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt bei, der die Samenbank im Auftrag der Welternährungsorganisation FAO betreibt.

Derzeit sind in der Anlage auf Spitzbergen Samenproben von mehr als 864.000 Pflanzen aus aller Welt gelagert, doch Platz ist für bis zu 4,5 Millionen Samenproben. Eine Probe besteht aus jeweils 500 Samen. Die gelagerten Samen werden alle paar Jahre durch frische ersetzt, damit ihre Keimfähigkeit erhalten bleibt.

Rückversicherung für nationale Genbanken

Der Speicher im hohen Norden dient den insgesamt 1.500 Genbanken weltweit als Rückversicherung. Diese senden jährlich eine Auswahl ihrer nationalen Samensammlungen an den Globalen Saatguttresor. Von der Möglichkeit, verlorene Samen zurück zu erlangen, machte zuletzt das "Internationale Zentrum für Landwirtschaftsforschung in Trockengebieten" (ICARDA) im syrischen Aleppo Gebrauch. Bewaffnete Gruppen brachten das Zentrum unter ihre Kontrolle. Die Wissenschaftler des Zentrums flohen nach Beirut und betreiben nun von dort aus ihre Arbeit. Einige Samenproben konnten sie mitnehmen, baten jedoch 2015 um Hilfe aus Spitzbergen, um ihre Partner weltweit weiterhin mit Saatgut unterstützen zu können.

Die Vielfalt der Kulturpflanzen ist aus mehreren Gründen essentiell: Um die wachsende Zahl der Menschen auf der Erde zu ernähren, müssen die landwirtschaftlichen Erträge steigen. Der Klimawandel erfordert schon heute die Anpassung der Kulturpflanzen, etwa an Trockenheit. Eine breite Basis an Genen stellt sicher, dass Sorten gezüchtet werden können, die auch unter veränderten Umweltbedingungen reichen Ertrag bieten. Wenn beispielsweise bei zunehmenden Jahrestemperaturen Weizen nicht mehr gedeiht, kann durch Einkreuzen der äthiopischen Getreidepflanze Teff, die extreme Trockenheit gewöhnt ist, eine Weizensorte entstehen, die auch weiterhin hohe Erträge bringt.

Von den weltweit rund 350.000 bekannten Pflanzenarten sind etwa 30.000 essbar – doch die moderne Landwirtschaft nutzt nur 30 Arten. Außerdem sind in den vergangenen 100 Jahren bis zu Dreiviertel der traditionell genutzten Kulturpflanzen verloren gegangen, meist durch Züchtung oder Vernachlässigung. Denn nur wenige Sorten genügen den Anforderungen der modernen Nahrungsmittelindustrie, lassen sich also lange lagern, schadlos transportieren und leicht verarbeiten. Die Unterstützung des Globalen Saatguttresors leistet einen Beitrag zur Nahrungssicherheit, Artenvielfalt und nachhaltigen Landwirtschaft.

Der Erhalt der Artenvielfalt wird 2016 ein wichtiger Punkt auf der internationalen Agenda sein, denn im Dezember findet in Cancún/Mexiko die 13. Vertragsstaatenkonferenz zur Biologischen Vielfalt (CBD COP 13) statt, an der auch die Bundesregierung teilnehmen wird.

Im Tresor auf Spitzbergen wird Saatgut gelagert, um die Vielfalt der Nutzpflanzen zu erhalten.