Stand: 02/2024
Strom war für die Menschen im abgelegenen Osten von Tadschikistan bisher nur unzuverlässig verfügbar. Die beiden Kraftwerke am Fluss Gunt fielen bereits mehrfach aus, weil der Wasserweg durch Lawinen oder Hangrutschungen blockiert war. Die KfW fördert nun im Auftrag der Bundesregierung und der Europäischen Union den Bau eines neuen Wasserkraftwerks an einem benachbarten Fluss. Es wird die Menschen im tadschikischen Berg-Badachschan und im benachbarten Afghanistan sicher und zuverlässig mit nachhaltig erzeugtem Strom versorgen. Dies ist eine Basis für eine weitere Wirtschaftsentwicklung in der Region. Das neue Wasserkraftwerk ist das weltweit erste, dass nach einem internationalen Standard für Nachhaltigkeit erfolgreich zertifiziert wurde.
Der Osten Tadschikistans ist geprägt von hohen Bergen und tiefen Schluchten. Das Pamir-Gebirge türmt sich bis zu 7.500 Meter hoch. Hier in der Provinz Berg-Badachschan leben die Menschen unter ärmlichen Bedingungen. Selbst die Stromversorgung ist unsicher. Diese stammt von zwei Wasserkraftwerken, die beide am Fluss Gunt liegen. Lawinen, Erdrutsche und Überschwemmungen kommen regelmäßig vor und blockieren den Fluss. Schlammlawinen können das Kraftwerk selbst beschädigen.
Auch Trockenperioden gefährden die Stromversorgung durch geringe Abflussmengen, insbesondere im Winter, wenn weniger Schnee- und Gletscherwasser in die Flüsse fließt. Bisher wurden drohende Ausfälle dadurch verhindert, dass genügend Wasser zum Betrieb des Kraftwerks am Gunt in einem Staubecken in Yashilkul gespeichert wurde. Doch auch diese Reserven sind gefährdet. Denn infolge des Klimawandels kommt es zu weniger Niederschlägen, zudem können Lawinen oder Erdrutsche den Fluss blockieren. Daher ist eine Alternative zur bisherigen Stromversorgung wichtig, die nicht vom Fluss Gunt abhängt.
Die KfW finanziert im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Europäischen Union mit rund 63 Mio. Euro den Bau eines weiteren Wasserkraftwerks, das am Nebenfluss Shokhdara liegen wird. Es versorgt nicht nur die Menschen in der Autonomen Provinz Berg-Badachschan im tadschikischen Osten mit Strom, sondern auch in Ishkashim und grenznahen Provinzen in Afghanistan, die an das Stromnetz von Pamir Energy angebunden sind. Es wird erwartet, dass das neue Kraftwerk rund 300.000 Menschen mit Strom versorgt, davon 55.000 auf afghanischer Seite (in den vier Distrikten Ishkashim, Shugnan, Mohi Mai und Nusai).
Das Kraftwerk Sebzor ist ein Laufwasserkraftwerk, das heißt, Strom wird durch Wasserströmung erzeugt, die durch den Höhenunterschied des mit Hilfe einer Wehranlage aufgestauten Wassers oberhalb des Flusslaufs entsteht und Turbinen im weiter unten gelegenen Krafthaus antreibt. Die Leistung wird 11 Megawatt betragen.
Das von der KfW finanzierte Wasserkraftwerk wurde als weltweit erstes nach dem Hydropower Sustainability Standard der International Hydropower Association (IHA), einem Zusammenschluss von 100 Unternehmen der Branche, zertifiziert. Dieser steht für umwelt- und sozialverträgliche Wasserkraft. Ein Environmental and Social Management Plan (ESMP) nach Standards der Weltbank trägt dazu bei, die nötigen Eingriffe in die Natur zu minimieren. Zudem wird eine Fischtreppe gebaut, damit wandernde Fischarten das Kraftwerk umgehen können.
Für den Bau des Kraftwerks wurden 17 Haushalte mit insgesamt 100 Menschen umgesiedelt. Einige Hektar Ackerflächen gehen verloren. Insgesamt beeinträchtigt das neue Kraftwerk die Landnutzung von 35 Familien. Diese erhalten Ausgleichs- und Unterstützungsmaßnahmen, um ihre Zukunft zu sichern. Sie erhalten neue, aus Projektmitteln finanzierte Häuser in einem anderen Wohngebiet, werden in finanzieller Grundbildung geschult und auf dem Weg zu einer Geschäftsgründung unterstützt. Geschäftsideen umfassen etwa die Gründung von Gärtnereien, den Anbau von Heilpflanzen, die Nutzung von Gewächshäusern sowie Schneiderei, Kochen und Backen, eine Käserei oder den Aufbau eines lokalen Transportunternehmens. Die enge Begleitung dieser Familien ist ein Grund, wieso das neue Wasserkraftwerk nach den hohen Standards der IHA zertifiziert werden konnte.
Die zuverlässige Stromversorgung durch das neue Kraftwerk wird der Region neue wirtschaftliche Impulse geben. Es entstehen Arbeitsplätze und neues Einkommen wird generiert. Dadurch verbessern sich auch Bildungsmöglichkeiten, Gesundheitsversorgung und die Ernährungssituation. Es werden subventionierte und damit sozial verträgliche Stromtarife angeboten.
Insbesondere Frauen werden von der zuverlässigen Stromversorgung profitieren, denn bisher haben sie viel Zeit mit der Beschaffung von Brennholz verbracht. Frauen werden für diese traditionelle Arbeit nun weniger Zeit aufbringen müssen, da vermehrt Strom anstatt Feuerholz als Energieträger eingesetzt werden kann. Ferner wird der Projektträger Pamir Energy mit Hilfe der finanziellen Unterstützung der KfW jungen Frauen aus der Region Stipendien für Studiengänge gewähren, die für den Energiesektor und eine mögliche spätere Beschäftigung etwa bei Pamir Energy relevant sind.
Der Bau des Kraftwerks trägt dazu bei, dass mehr als 300.000 Menschen zuverlässig zu sozialverträglichen Preisen mit nachhaltigem Strom versorgt werden.
Zu der Erreichung dieser Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen leistet das Vorhaben einen Beitrag:
KfW Bankengruppe
Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank
Länderbereich Europa/Asien
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