Die Weideflächen der Viehhirten in Äthiopiens Tiefland werden immer knapper, weil sie von einer invasiven Pflanze überwuchert werden. Der Boden der verbleibenden Weiden ist übernutzt und ausgelaugt. Gleichzeitig dehnen sich Dürreperioden aus, die Nahrungsgrundlage der Wanderhirten ist gefährdet, Hunger droht. Die KfW finanziert im Auftrag der Bundesregierung und in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium Äthiopiens mit mehr als 25 Mio. Euro drei Vorhaben, um das Weideland zurückzugewinnen und in Zukunft nachhaltig zu bewirtschaften.
Die Wanderhirten vom Volk der Afar in Äthiopien finden immer weniger Platz, um ihr Vieh zu weiden. Eine Anfang der 1980er Jahre aus Südamerika eingeschleppte Baumart, das Prosopis juliflora, breitet sich großflächig und schnell auf ehemaligen Weideflächen aus. Der dornenbewehrte Busch bildet dichte Verhaue, die das Vieh nicht durchdringen kann. Er nimmt anderen Pflanzen Sonne und Wasser, kommt selbst aber mit den kargen Lebensbedingungen der Trockensavanne bestens zurecht. Seine Anpassungsfähigkeit ist es, die das Mimosengewächs Prosopis so gefährlich macht. Inzwischen sind mehr als 1 Mio. Hektar nutzbares Land überwuchert.
Die halbnomadischen Viehhirten in der Afar-Region Äthiopiens – eines der heißesten Gebiete der Welt – haben in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Weidefläche an das wuchernde Gehölz verloren. Gleichzeitig halten Dürreperioden infolge des Klimawandels länger an, es kommt sehr viel häufiger als früher zu Starkregen und Überflutungen; der Boden erodiert. Außerdem nimmt die Bevölkerung zu, Felder verdrängen Weideland, und auch die Konflikte um die knappen Ressourcen wie Wasser und Weideflächen nehmen zu. Inzwischen breitet sich am Horn von Afrika Hunger aus, auch in Äthiopien mangelt es an Nahrung. Das Land sieht sich mit der schwersten Dürre-Krise seit 40 Jahren konfrontiert. Die Preise für Lebensmittel und Energie explodieren aufgrund des Kriegs in der Ukraine.
Die traditionell bewährte Lebensweise der Afar stößt an ihre Grenzen. Es wird immer schwieriger, große Herden an Vieh zu halten. Weiden wurden übernutzt, was es dem Prosopis wiederum erleichterte, sich auf dem nahezu nackten Boden auszubreiten. Den Pflanzen mit Hacken und Äxten beizukommen, ist vergeblich, weil sie sich aus den Wurzeln regenerieren. Jetzt rücken riesige – in den USA speziell dafür gebaute und bewährte – Bulldozer an, um die Flächen wieder freizuräumen. Mit ihren Schaufeln reißen sie das Prosopis aus und schieben es auf große Haufen zusammen. Am Heck der Maschinen sind Tiefenpflüge angebracht, die einen halben Meter unter der Erde die Wurzeln des Prosopis kappen.
Die KfW hat im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Anschaffung der je 400.000 Euro teuren Bulldozer finanziert. Außerdem unterstützt sie die Ausbildung einheimischer Fahrer, die die schweren Maschinen steuern und warten lernen. In einer ersten Phase wurden dadurch über 900 Hektar ehemaliges Weideland von dem lästigen Eindringling befreit. Auf den gerodeten Flächen wurden anschließend Samen einheimischer Grasarten ausgebracht.
Ziel ist es, die neu angelegten Weiden in Zukunft nachhaltig zu bewirtschaften. Um Verluste in Dürreperioden ausgleichen zu können, halten die Afar traditionell eine hohe Zahl an Kamelen, Rindern und Ziegen. Gemeinsam mit den Gemeinden wurden daher Pläne für ein nachhaltiges Weidemanagement erstellt.
Das gerodete Prosopis nutzen die Afar, um Holzkohle herzustellen und zu einem guten Preis zu verkaufen. 13.000 Haushalte können so mit Brennstoff versorgt werden. Für die im übrigen Land aus Klimaschutzgründen untersagte Holzkohleproduktion hat der äthiopische Staat den Afar eine Ausnahmegenehmigung gewährt. Zusätzlich erörtert man nun andere Möglichkeiten, die Biomasse zu nutzen.
Außerdem werden im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit Kleinbewässerungssysteme rehabilitiert. Die beteiligten Familien erhielten Möglichkeiten zur Bewässerung für zwei bis drei Hektar Land, damit Futter- und Nahrungspflanzen besser wachsen. Die Maßnahmen helfen den Afar, ihre natürlichen Lebensgrundlagen auch unter sich verändernden Klimabedingungen zu bewahren und ihre Ernährungssicherheit zu steigern.
Allerdings stellt u. a. die Sicherheitslage vor Ort ein wiederkehrendes Problem dar und beeinträchtigt die Wirksamkeit der Maßnahmen. So konnten z. B. die Fahrzeuge nur in sicheren Gebieten eingesetzt werden. Bei einem direkten Nachfolgeprojekt, das die Verbesserung der Wasserinfrastruktur in der dürregeplagten Region zum Ziel hatte, mussten in Folge von Verzögerungen sogar die Mittel gekürzt werden.
Solche Rückschläge bedeuten jedoch keineswegs die Aufgabe des Vorhabens. Stattdessen sollen die gesammelten Erfahrungen genutzt werden, um in Zukunft besser auf die Situation vor Ort reagieren zu können. In einer zweiten Phase, die seit Mai 2023 läuft, werden sowohl die Wasserverfügbarkeit als auch die Verbesserung der Weideflächen in den Blick genommen.
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