Seit 2023 kämpfen in Sudan die reguläre Armee und die paramilitärischen "Rapid Support Forces" (RSF) um die Vorherrschaft. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung hungert und Millionen Menschen sind vertrieben. Hilfsorganisationen warnen vor einer Hungerkatastrophe. Zahlreiche Familien müssten notgedrungen Blätter und Insekten essen.
Besonders dramatisch ist die Versorgungslage von Kindern und Jugendlichen. Auch in den Bereichen Bildung und Kinderschutz haben sich die schon zuvor existierenden strukturellen Defizite seit April 2023 weiter verschärft: Bereits vor Ausbruch des aktuellen Konflikts gingen mehr als sieben Millionen Kinder nicht zur Schule und 70 % aller Zehnjährigen konnten keine einfachen Sätze lesen. Die derzeit in weiten Teilen des Landes noch anhaltenden Schulschließungen haben dazu geführt, dass laut UNICEF aktuell 19 Millionen Kinder und Jugendliche keinerlei Zugang zum formalen Bildungssystem haben. Angesichts der strukturellen Defizite werden Millionen Kinder auf absehbare Zeit keinen akzeptablen Zugang zu Bildung bekommen.
Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und in Kooperation mit UNICEF engagiert sich die KfW Entwicklungsbank im „Integrierten Bildungs- und Kinderschutzprojekt im Ostsudan“. In der Projektregion River Nile und Northern State leben 876.000 Binnenvertriebene, die meisten von ihnen in aufnehmenden Gemeinden. In 85 sogenannten Makannas sollen bis zu 220.000 Kinder, Jugendliche und ihre Familien unterstützt werden. Das Konzept Makanna - arabisch für unser Raum – steht für einen sicheren Ort zum Lernen und Spielen, viele Kinder erhalten auch psychologische Hilfe. An diesen kinderfreundlichen und sicheren Orten – entweder in Schulgebäuden oder auch in Zelten in Camps - stellt UNICEF auch sauberes Wasser und eine mobile Gesundheitsklinik für Kinder und ihre Familien bereit. Schwer mangelernährte Kinder werden mit therapeutischer Zusatznahrung behandelt.
Proscovia Nakibuuka Mbonye (UNICEF) erzählt die Geschichte der elfjährigen Rabha, die aus Khartoum geflohen ist und zum ersten Mal in ihrem Leben im Makanna October North zur Schule geht.
Zum ersten Mal in ihrem Leben kann die 11-jährige Rabha lesen, schreiben und rechnen. Das Mädchen, vertrieben aus Khartum, sitzt vorne in der Klasse, hört aufmerksam zu und nutzt jede Gelegenheit, um auf die Fragen der Lehrerin zu antworten. Zu Hause besuchten Rabha und ihre Geschwister die religiöse Schule, auch Khalwat genannt, wo sie hauptsächlich den Koran auswendig lernte. Wenn sie ihre Mitschüler in Uniform und mit Rucksäcken zur Schule gehen sah, fragte sie sich immer, warum sie nie die Möglichkeit hatte, sich ihnen anzuschließen. Aber die Antwort ihrer Mutter war immer die gleiche: „Ich habe kein Geld.“
Als Rabha aus Khartoum in den von UNICEF unterstützten sicheren Makanna October North in Gedaref kam, hatte sie viele Fragen. Hier machte sie viele Dinge zum allerersten Mal, liebevoll begleitet von ihrer Lieblingslehrerin Fatima. Hier hörte Rabha zum ersten Mal Menschen Englisch sprechen; lernte lesen, schreiben und zählen. „In ihrer ersten Englischstunde fragte sie mich, was diese seltsame Sprache sei. Sie hatte noch nie davon gehört“, sagt Fatima. Hier erhielt Rabha auch zum ersten Mal einen UNICEF-Rucksack, in dem sie ihre Bücher aufbewahren kann – ein Gegenstand, der ihr lieb und teuer ist.
Das Makanna, in dem Rabha sich geborgen fühlt, beherbergt dank der Unterstützung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durch die KfW Entwicklungsbank täglich über 300 Kinder aus aufnehmenden Gemeinden und aus Flüchtlingscamps. Unterstützt von geschulten Betreuern nehmen die Kinder an verschiedenen Aktivitäten teil, darunter Spiel, Theater, Clubs, Kunst und Zeichnen sowie Lernmethoden. In einer kleinen Klasse sitzt Rabha mit Gleichaltrigen zusammen und hört der Lehrerin aufmerksam zu. Es war eine lange und abenteuerliche Lernreise für das Mädchen. In einer Mathematikstunde lernen sie zu zählen und zu addieren. Freiwillig tritt Rabah vor und zählt von eins bis zehn. „Ich melde mich gerne im Unterricht - und wenn ich die richtigen Antworten habe, applaudieren mir alle“, sagt Rabha. Ohne sichere Lernorte wie diesen hätte Rabha nicht die Möglichkeit gehabt, die Schule zu besuchen und zu lernen. „Als wir in Gedaref ankamen, öffneten sie die Schulen für uns“, erzählt sie. Sie greift nach ihren Heften, die sicher im Rucksack verstaut sind. „In Khartum hatte ich keine Tasche, ich hatte nur eine Holztafel und einen holzstabähnlichen Stift. Aber als ich hierherkam, habe ich gelernt, in Hefte und an die Tafel zu schreiben.“ Neben dem Lernen genießt Rabha auch sportliche Aktivitäten in der Einrichtung. Ihr Lieblingsspiel ist Seilspringen.
Wenn Rabha nicht im Unterricht ist, hüpft sie draußen, spielt Tauziehen und musiziert mit Freunden. Ihre größte Sorge ist es, nicht mehr lernen zu dürfen. Durch ihre Lehrerin Fatima hat sie gelernt, dass Bildung für Kinder, insbesondere für Mädchen, einen entscheidenden Unterschied machen kann. „Für mich ist Bildung sehr wichtig. Ich möchte lernen“, betont Rabha. Sie sehnt sich zwar nach ihrer Heimat, aber der Gedanke, ihr Zuhause gegen Bildung einzutauschen, quält sie. Sie würde lieber in Gedaref bleiben, um zu lernen. Sie ist stolz auf die Fortschritte, die sie auf ihrem Weg gemacht hat. Dank der Kompetenzen und des Selbstbewusstseins, die sie in den Clubs erworben hat, ist Rabha nicht mehr zu bremsen und hat ihren zukünftigen Beruf bereits fest im Blick: "Ich möchte Lehrerin werden, denn als ich im Unterricht nichts wusste, hat mir ein Lehrer geholfen."
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