Wie eine Schneise zieht sich der Ostafrikanische Grabenbruch über 500 Kilometer in Kenia von Nord nach Süd. Wenn man von Nairobi aus Richtung Westen fährt, endet das Hochplateau abrupt und es geht steil hinab ins Rift Valley: hier reißt tatsächlich die Erde auf – doch bis die somalische Platte im Osten so weit abdriftet, dass Meerwasser das Tal flutet, wird es wohl noch Millionen Jahre dauern. Erst einmal kann hier noch nachhaltig Strom erzeugt werden, denn entlang des Grabenbruchs ist die Erdkruste besonders dünn und der Weg zu heißeren Schichten kurz – ein riesiges Potenzial für Geothermie, das landesweit auf 10.000 Megawatt geschätzt wird.
Die Temperatur nimmt schon in geringen Tiefen erheblich zu, an einzelnen Stellen liegt die Temperatur in nur tausend Meter Tiefe bei über 300 Grad Celsius. Seit den 70er Jahren erforscht Kenia das geothermische Potenzial und baut die Kapazitäten fortlaufend aus. Schon heute kommen rund 45 % der Energie für die Stromversorgung aus den Tiefen der Erde. Und die kenianische Regierung hat ehrgeizige Pläne: 2030 soll Strom ausschließlich aus Erneuerbaren produziert werden. Kenia betreibt dazu die systematische Erschließung von insgesamt 23 Erdwärmefeldern im Land, zusätzlich sollen auch Wind-, Wasser- und Solarenergieerzeugung gefördert werden. Ein Blick in die Zukunft: auch grüner Wasserstoff, der mit aus erneuerbarer Energie gewonnenem Strom produziert wird, hat großes Potenzial in Kenia.
In Kenia leben u.a. halbnomadische und sesshafte Massai – eine der bekanntesten ethnischen Gruppen in Ostafrika; Menschen, die stolz an ihrer traditionellen Lebensweise festhalten. Einige ihrer Siedlungsgebiete liegen in der Nähe von Geothermie-Projektgebieten, vor allem im Rift Valley. Und obwohl geothermische Anlagen im Vergleich zu anderen nachhaltigen Energien – wie etwa der Wind- oder Sonnenenergie – wenig Platz brauchen, kann der Lebensraum der lokalen Bevölkerung wie z. B. Weideflächen und Wasserquellen beeinträchtigt werden. Bei Errichtung der Geothermiekraftwerke in Olkaria haben in der Vergangenheit die Massai oft beklagt, dass sie nicht ausreichend konsultiert und ihre Landrechte nicht respektiert wurden. Da wurde in den letzten Jahren entsprechend der internationalen Standards deutlich nachgebessert.
Denn: vor dem Bau eines geothermischen Kraftwerks liegen umfangreiche – über Jahre andauernde – Erschließungsarbeiten mit aufwändigen Probebohrungen. Derzeit wird ein neues geothermisches Projekt – Baringo-Silali – in der Nähe des Baringo-Sees mit einem geschätzten Potenzial von bis zu 3.000 MW erschlossen. Hier hat man die indigene Bevölkerung (in dieser Gegend leben die Pokot) einbezogen, informiert und über potenzielle Chancen und Risiken aufgeklärt. Es gibt regelmäßige Treffen, Beschwerdemechanismen und die Einbindung von Gemeindevertretern in Überwachungs- und Evaluationsprozesse. So wird gewährleistet, dass die Projekte nachhaltig und sozial verantwortlich umgesetzt werden. In Fällen, in denen Land für Geothermieprojekte benötigt wird, werden betroffene Gemeinden angemessen entschädigt.
Die erste Phase des Programms, das fast abgeschlossen ist, umfasst die Erschließung des Baringo-Silali-Gebiets einschließlich Bau der Zufahrtsstraßen, der Wasserversorgung und Bohrungen. Das Vorhaben wird im Auftrag des BMZ von der KfW mit einem zinsverbilligten Darlehen in Höhe von 80 Mio. Euro gefördert. Zurzeit wird eine Machbarkeitsstudie zur Analyse des erschlossenen Geothermiepotenzials durchgeführt, die als Grundlage für die Einbindung von privaten Stromerzeugungsgesellschaften (IPP) dient.
In diesen Baumaßnahmen gibt es Beschäftigungsmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung, die sozioökonomische Situation wird verbessert durch Infrastrukturmaßnahmen, Bildungs- und Gesundheitsprogramme sowie andere Entwicklungsinitiativen. „Die Pokot sehen jetzt mehr Chancen als Risiken, sie fühlen sich ernst genommen und bringen sich ein“, sagt Michael Andres, verantwortlicher Portfoliomanager in der KfW. „Sie profitieren von soliden Straßen, Trinkwasserversorgung, Tränken für ihr Vieh und Schulen oder Gesundheitsstationen – schon die Erschließung des Projektgebiets bewirkte einen ganz bedeutsamen Schub in der Entwicklung der Region.“
Zudem erhielten die Pastoralisten im Rahmen der Umsetzung des Projektes Landtitel. Damit fand erstmals das 2016 verabschiedete kenianische Community Land Act Anwendung.
Im Rift Valley, am Rande des Nationalparks Hell's Gate (Tor zur Hölle), befindet sich das Geothermiekraftwerk Olkaria, bestehend aus sechs Kraftwerken, die sich über ein rund 200 Quadratkilometer großes Gebiet verteilen.1981 ging das erste Kraftwerk mit einer Leistung von 15 Megawatt ans Netz. Heute ist der Komplex mit knapp 900 Megawatt das zweitgrößte Geothermie-Kraftwerk weltweit. Für die Kraftwerke I und VI ist eine Erweiterung um 40 Megawatt geplant, die KfW beteiligt sich mit einem Darlehen über 45 Mio. Euro. Die Anlagen werden mit leistungsstärkeren Turbinen ausgestattet, um den derzeit nicht genutzten Dampf aus den bestehenden Bohrungen aufzunehmen.
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