Wer macht was wann und wo? Ein abgestimmtes Remote-Monitoring von humanitärer Hilfe und Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit durch mehr Datenaustausch erleichtert die Abstimmung zwischen Partnerregierungen und Gebern wesentlich. Inzwischen sind viele Daten öffentlich zugänglich (Open Data) und Instrumente zu ihrer Auswertung verfügbar. Welche Möglichkeiten die Digitalisierung für die Geberkoordination bietet und welche Voraussetzungen noch geschaffen werden müssen, zeigte die Diskussion bei der RMMV-Konferenz von KfW und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im Februar 2023.
Wie wichtig Daten sind, erwies sich auf Haiti, als 2021 gleich mehrere Naturkatastrophen zusammentrafen: ein Erdbeben, zwei Tage später Starkregen, in der Folge soziale Unruhen. „Unsere mit allen beteiligten Akteuren abgestimmte Datenerhebung erleichterte nicht nur die Einschätzung dessen, welche Prioritäten anstanden, sondern diente auch als Grundlage für den Wiederaufbau“, berichtet Jerry Chandler, Generaldirektor des Zivilschutzes auf Haiti.
Satellitenaufnahmen und andere digital verfügbare Geodaten werden zusammen mit Meldungen von Bürgerinnen und Bürgern via Handy inzwischen regelmäßig zur Bestandsaufnahme nach Naturkatastrophen genutzt. In Mosambik etwa trug die Bevölkerung zur Aktualisierung der Karten von OpenStreetMap bei, was die Dokumentation von Schäden nach dem Zyklon Idai 2019 erleichterte.
Ein besserer Datenaustausch würde allerdings die Koordination der Entwicklungszusammenarbeit zwischen den Regierungen der Partnerländer und der Geber sowie auch untereinander wesentlich verbessern, so eine Erkenntnis der RMMV-Konferenz. Der Wunsch nach mehr und genaueren Daten muss jedoch gegen das Gebot des Datenschutzes abgewogen werden. „Menschen sind skeptisch gegenüber digitalen Technologien, die sie nicht verstehen“, sagt Maaike Blom, Geschäftsführerin des Unternehmens Data4Development, das Open Data-Lösungen anbietet. „Daher müssen diese Technologien sicher, einfach zugänglich und leicht verständlich sein.“ Sie wünscht sich die Einbettung von Datenerhebung und -analyse schon zu Beginn eines Projekts sowie einheitliche Standards, damit die Akteure der Entwicklungszusammenarbeit ihre Daten besser austauschen könnten.
„Daten dienen als Grundlage für Entscheidungen“, betont Dr. Iliya Nickelt, der als Chief Data Scientist das BMZ-Datenlabor leitet. Er plädiert für einen Kulturwandel: „Die Herausforderung liegt darin, die Menschen dazu zu bewegen, die Tools zu akzeptieren, um sie für Datenanalysen zu nutzen.“ „Das erfordert mehr Wissen und Fähigkeiten bei allen Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit, von den Mitarbeitenden in den Partnerregierungen über Entwicklungsorganisationen bis hin zu den Menschen, die ganz nah an den Projekten dran sind“, pflichtet Bahar Salimova, Senior Program Manager bei der Weltbank, bei.
Mit der Geo-Enabling Initiative for Monitoring & Supervision (GEMS) nutzt die Weltbank bereits in über 100 Ländern eine App, um Informationen zu mehr als 150.000 Projekten zu sammeln und online verfügbar zu machen. Umfangreiche Trainings sind eine wichtige Säule von GEMS. Interaktive Karten, Tonaufnahmen und viele weitere Daten vermitteln Informationen etwa aus Nordost-Nigeria, das aufgrund der Sicherheitslage nur bedingt zugänglich ist. Die Daten werden einerseits von Satelliten und Drohnen gewonnen, andererseits von der Zivilbevölkerung vor Ort gesammelt und per Smartphone versandt. GEMS weiß jederzeit, was wo umgesetzt wird – das erleichtert die Koordination.
In Mosambik begeistern sich Studierende für das Spatial People Network, das OpenStreetMaps nutzt. Sie fügen dem Online-Kartenwerk nicht nur Daten hinzu, sondern erwerben so auch Erfahrungen und Fähigkeiten für ihr Berufsleben.
Auch die Evaluierung von Vorhaben kann von RMMV-Technologien profitieren, etwa indem Umfragen per Mobilfunk genutzt werden, um zu erfahren, ob die erwarteten Wirkungen erreicht wurden.
Die KfW dokumentiert seit kurzem ihre Ansätze und Technologien zur Datennutzung in der Finanziellen Zusammenarbeit auf GitHub, der globalen Plattform für Open-Source-Software. In diesem Zusammenhang stellt sie auch ihr Geodatenmodell öffentlich zur Verfügung und ermöglicht damit ihren Partnern, Auftragnehmern und weiteren Interessierten dessen Nutzung, gemeinsame Weiterentwicklung und damit eine bessere gegenseitige Abstimmung.