Stand: 09/2022
Arten gehen in beispielloser Weise verloren: Mehr als die Hälfte aller Ökosysteme sind bereits zerstört. Jedes Jahr verschwindet Wald in der Größe Portugals, etwa 10 Millionen Hektar. Die Meere sind verschmutzt und überfischt, Korallenriffe schon zur Hälfte verloren. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Eine von acht Arten ist nach Angaben des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) vom Aussterben bedroht, darunter 40 % aller Insekten. Wissenschaftler schlagen Alarm; sie sprechen bereits vom 6. Massenaussterben, in dem wir uns befinden. Ohne massives Gegensteuern wird das ernsthafte Konsequenzen für das Leben und Wirtschaften auf der Erde und auch für das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele (SDGs) haben. Beim Ziel, diese bedrohliche Entwicklung zu stoppen, beziehungsweise umzukehren, spielen Naturschutzgebiete eine zentrale Rolle.
Naturschutz wirkt; dafür gibt es viele Beispiele. Bestände erholen sich, wenn man ihnen den Raum und die Ruhe dafür lässt. Das gilt an Land genauso wie im Meer. Bestimmte Bereiche dem direkten Zugriff des Menschen zu entziehen oder klare Regeln für deren Nutzung aufzustellen, ist daher eine angemessene Strategie, um überlebensnotwendige Biodiversität zu sichern und das Klima zu schützen. Denn Naturschutzgebiete sind in der Regel wichtige Kohlenstoffsenken. Aber das gilt nur, wenn Schutzgebiete gut gemanagt werden und keine „Paper Parks“ sind, also lediglich auf dem Papier existieren, sondern Natur wirklich schützen. Von großer Bedeutung ist dabei, international anerkannte Sozial- und Umweltstandards zu berücksichtigen, damit die indigene und lokale Bevölkerung keine negativen Folgen erleiden muss.
Das alles kostet Geld, das viele Parks nicht haben. Zumal, weil sich rund 80 % aller Arten auf etwa 20 % der Erdoberfläche konzentrieren, von denen der größte Teil in Entwicklungsländern liegt. Dort konkurriert Naturschutz häufig mit anderen Aufgaben, wie dem Kampf gegen Hunger und Armut, dem Aufbau von Bildungssystemen oder Gesundheitsdiensten. Andererseits leben allein in Afrika rund 370 Millionen Menschen weniger als 10 Kilometer von einem Schutzgebiet entfernt, sind also ganz direkt auf deren Ökosystemdienstleistungen angewiesen. Naturschutzgebiete in Entwicklungsländern ausreichend und langfristig zu finanzieren, kann daher viel Positives bewirken, nicht zuletzt auch für den Klimaschutz.
Um gegen den Finanzierungsengpass vorzugehen, hat die KfW im Jahr 2020 im Auftrag der Bundesregierung den Legacy Landscapes Fund (LLF) gegründet. Die Idee dahinter ist genauso einfach wie bestechend: Wenn es gelingt, möglichst viele Arten in den biodiversitätsreichen, aber einkommensarmen Gegenden dieser Welt zu bewahren, dann lässt sich dadurch ein erheblicher Teil der überlebenswichtigen Biodiversität für die ganze Welt sichern. Deshalb lautet das Ziel des LLF: Mindestens 30 Schutzgebiete weltweit langfristig mit 1 Mio. USD pro Jahr zu unterstützen. Damit sind zwar nicht alle Kosten gedeckt, aber die Summe reicht aus für eine Grundfinanzierung, damit – grob gesprochen – in den Parks „das Licht nicht ausgeht“ und Kernfunktionen wie Management und Überwachung wahrgenommen werden können.
Das Besondere an dem Fonds ist: Es unterstützen ihn nicht allein öffentliche Geber wie Deutschland und Frankreich (weitere werden in Kürze dazu stoßen), sondern auch private und philanthropische. Schon jetzt sind die Gordon and Betty Moore Foundation, die Rob & Melani Walton Foundation, die Arcadia Foundation und The Wyss Foundation mit dabei. Weitere private Akteure, darunter auch renommierte Unternehmen, haben bereits ihr Interesse signalisiert; die Gespräche über die Modalitäten der Zusammenarbeit laufen derzeit. Auf diese Weise soll bis 2030 mindestens 1 Mrd. USD zusammenkommen, die der Fonds verwaltet und an sich qualifizierende Naturschutzgebiete ausschüttet. Diese bewerben sich gemeinsam mit großen NGOs um eine Förderung. Derzeit verfügt das Programm bereits über rund 250 Mio. USD, die in knapp 1,5 Jahren eingesammelt wurden. „Der LLF hat sich in Lichtgeschwindigkeit entwickelt“, beschreibt der stellvertretende Vorsitzende des „Supervisory Boards“, Dr. Thomas Duve, das bisher Erreichte. Der Anspruch ist, dass der Fonds so schnell wie möglich weiter wächst, finanziell und operativ.
Bisher fördert der LLF sieben Pilot-Landschaften in Afrika, Asien und Lateinamerika mit einer Fläche von mehr als 60.000 Quadratkilometern; das entspricht etwa drei Vierteln Österreichs. Dadurch nützt er sowohl der Biodiversität als auch dem Klima, denn solche Gebiete sind natürliche CO2-Senken. Allein die ersten sechs Landschaften können geschätzte 7,4 Mio. Tonnen CO2 -Äquivalente pro Jahr absorbieren. Zum Vergleich: Das ist etwa halb so viel wie der gesamte CO2-Ausstoß von Kambodscha oder 5 % der jährlichen Emissionen aus dem Verkehrssektor in Deutschland. Doch das war nur der Anfang. Inzwischen hat eine öffentliche Ausschreibung stattgefunden; der Selektionsprozess läuft noch. Aber es sieht so aus, als könnten bis Mitte 2023 mindestens sieben weitere Naturschutzgebiete in die LLF-Förderung kommen. Wie viele es am Ende sein werden, hängt entscheidend davon ab, in welchem Umfang weitere Geber dazukommen und Mittel in den LLF einzahlen. Aber klar ist schon heute: Mit diesem innovativen Ansatz der Partnerschaften auf vielen Ebenen erreicht der LLF eine neue Dimension im Naturschutz.
Zu der Erreichung dieser Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen leistet das Vorhaben einen Beitrag:
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