Meldung vom 24.07.2024 / KfW Entwicklungsbank

Andhra Pradeshs nachhaltiges Landwirtschaftsprogramm gewinnt den Gulbenkian Preis

Preisverleihung mit Preisträgerinnen und Angela Merkel auf der Bühne
Angela Merkel und António Feijó mit den Preisträgerinnen auf der Bühne

Die nachhaltig betriebene Landwirtschaft im indischen Bundesstaat Andhra Pradesh (Andhra Pradesh Community Managed Natural Farming APCNF) hat den „Gulbenkian Prize for Humanity 2024“ gewonnen. Der Preis wird von der portugiesischen Calouste Gulbenkian Foundation (CGF) gestiftet und jährlich an drei Einzelpersonen und Organisationen verliehen, die einen Beitrag zur globalen Ernährungssicherheit, zur Klimaresilienz und zum Schutz von Ökosystemen leisten. Die diesjährigen Preisträger wurden von einer Jury unter dem Vorsitz von Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin a.D., aus 181 Nominierungen ausgewählt. Die Auszeichnung unterstreicht die Bedeutung klimaresilienter und nachhaltiger Landwirtschafts- und Landnutzungssysteme und soll zur Nachahmung inspirieren.

Herausforderungen und ehrgeizige Ziele

Die Landwirtschaft in Indien steht vor großen Herausforderungen: die zunehmende Degradation der Ackerflächen und die unsachgemäße Anwendung von Mineraldünger und synthetischen Pflanzenschutzmitteln haben die Erträge beeinträchtigt und die wirtschaftliche Lage der Bauern verschlechtert.

Um dem zu begegnen, wurde vor sieben Jahren APCNF durch Rythu Sadhikara Samstha (RySS), die staatliche Farmers´ Empowerment Organisation, gegründet. RySS kooperiert überwiegend mit Frauenselbsthilfegruppen. Das Programm setzt auf die Wiederbelebung der Bodenfauna, Steigerung von Humusgehalt und Wasserhaltefähigkeit der Böden sowie einen diversifizierten Anbau. Mit Erfolg: die Einkommen der Familien steigen und die Ernährungsqualität wird verbessert. Und die neuen Produktionstechniken stärken die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel.

Das Ziel der indischen Regierung ist es, in den nächsten zehn Jahren alle sechs Millionen bäuerlichen Betriebe in Andhra Pradesh auf diese klimaresiliente natürliche Landwirtschaft umzustellen. Hierfür hat die KfW Entwicklungsbank im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein Darlehen über 90 Mio. Euro und einen Zuschuss von 1 Mio. Euro für das Projekt Andhra Pradesh Climate Resilient Natural Farming zur Verfügung gestellt. Bis 2027 erhalten rund 500.000 Kleinstbetriebe Hilfe bei der Umstellung auf die Anbaumethoden des natural farming. Die Bereitstellung der Mittel folgt einem ergebnisbasierten Ansatz: Gelder werden dem Partner RySS jeweils nach Erreichen vereinbarter, nachprüfbarer Ergebnisse ausgezahlt.

Frauen als treibende Kraft für nachhaltige Landwirtschaft

Das Programm in Andhra Pradesh basiert auf vor Ort entwickelten agrarökologischen Ansätzen und wird fortlaufend weiterentwickelt. Die Bäuerinnen und Bauern verwenden natürliche Ressourcen wie Kuhdung, -urin, Mulch und pflanzliche Extrakte für Bodenverbesserung, Düngung und Pflanzenschutz. Es handelt sich um eine eher gartenbauliche, arbeitsintensivere Technik.

Das Ergebnis: die Böden werden revitalisiert und die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlingsbefall gestärkt. Dank stabilerer Wuchsbedingungen - im Vergleich zum konventionellen Anbau - sind die Pflanzen besser gegen extreme Witterungsbedingungen wie Dürren und Starkregen geschützt. Eine höhere Dichte an Bodenorganismen wie Regenwürmern, Bakterien, Pilzen, Algen und Einzellern trägt zu einer erhöhten Fruchtbarkeit bei. Eine Vielzahl von Beraterinnen und Beratern, die in den Dörfern leben und selbst die Anbaumethoden praktizieren, sorgen für die Weiterverbreitung des Wissens.

Da Frauen einen großen Anteil der landwirtschaftlichen Arbeit erledigen, wurden sie zu einer tragenden Säule des Projektes. Viele Frauen sind in Selbsthilfegruppen organisiert, die sich für sozialen Wandel und Gesundheitsfragen einsetzen. Auch sie sind Gewinnerinnen des Gulbenkian-Preises.